Künstliche Intelligenz und entscheiden – Quo Vadis AI?

Die letzten Monate habe ich mich vermehrt mit dem Thema „Künstliche Intelligenz“ beschäftigt. Genauer gesagt mit den Möglichkeiten und Einsatzgebieten…

Autor

Christian Koudela

Die letzten Monate habe ich mich vermehrt mit dem Thema „Künstliche Intelligenz“ beschäftigt. Genauer gesagt mit den Möglichkeiten und Einsatzgebieten von Deep Learning, allerdings nicht aus einer technologischen Perspektive (im Sinne der Programmierung und Umsetzung), sondern vielmehr aus meiner Spezialisierung des „Entscheidens in komplexen Situationen“ heraus.

Im Rahmen von diversen Coachings und Trainings erlebe ich einen großen Wunsch zur „kompletten Analyse“ einer Situation, Entscheidungen zu Rationalisieren und zu „Ent-emotionalisieren“.

Und genau darin liegt die Krux. Ließen sich Entscheidungen vollständig durchrechnen, dann gibt es in dem Sinn nichts mehr zu entscheiden (lediglich mathematisch zu lösen). Denn jede Entscheidung beruht auf Wissen, abgeleitet aus den Erfahrungen der Vergangenheit, Informationen aus dem Kontext und vor allem aus der „Nichtwissen“ der Zukunft. Und genau aus dieser Unsicherheit heraus – dem Spannungsfeld von Wissen und Nicht-Wissen –  sind Führungskräfte und Expert*innen gefordert Entscheidungen zu treffen. Diese Unsicherheit ist nicht, wie im alltäglichen Sprachgebraucht verankert, ein dysfunktionaler Zustand. Vielmehr ist es der Motor die Zukunft zu gestalten und stets aufs Neue zu entscheiden.

Mit künstlicher Intelligenz wird versucht dafür Unterstützung zu schaffen, Licht in das Dunkel des „Nichtwissens“ zu bringen.

Wie funktioniert Deep Learning?

Mittels Deep Learning wird aus einem Datenset nach Mustern und Zusammenhängen gesucht, die Vorhersagen für die Zukunft ermöglichen sollen. Die gefundenen Muster werden in Form von Entscheidungsregeln als statisches Modell gespeichert.

Eine der Besonderheiten von Deep Learning ist, dass jene Zusammenhänge, die in den Datensets gefunden werden, ausschließlich eine Korrelation beschreiben. Es handelt sich bei der Korrelation um eine statistische Größe, die die Stärke eines Zusammenhangs unterschiedlicher Variablen angibt. So lässt sich zum Beispiel auch ein Zusammenhang zwischen der Anzahl ertrunkenen Personen in einem Pool und der Anzahl der Filme mit Nicolas Cage errechnen. Eine Kausalität (ein Zusammenhang im Sinne von Ursache und Wirkung) wird dabei nicht hinterfragt.

Korrelation zwischen der Anzahl ertrunkenen Personen in einem Pool und der Anzahl der Filme mit Nicolas Cage

Quelle: https://www.datasciencecentral.com/profiles/blogs/spurious-correlations-15-examples

Die Frage, ob Nicolas Cage seine Karriere im Sinne des Überlebens an den Nägel hängen soll, bleibt eine andere und sollte keinen Falls aufgrund dieser Korrelation entschieden werden.

Die Beschreibung der Wirkweise künstlicher Intelligenz ist sehr kurzgehalten und ist mit dem Beispiel pointiert dargestellt. Dennoch lassen sich wichtige Fragen daraus ableiten:

  • Welche Daten verwenden wir zum „Lernen“?
  • Wie groß ist das Datenset, das zum „Lernen“ zum Einsatz kommt?
  • Wie sehr sind die entstandenen Regeln / das statische auch in Zukunft gültig?

Entscheiden durch künstliche Intelligenz?

Ja, eine leistungsstarke künstliche Intelligenz ist in der Lage Korrelationen und Muster in Datensätzen zu erkennen. Aber reicht das aus, um (gute) Entscheidungen zu treffen?

Ich meine Nein.

Emotionen – egal ob bewusst wahrgenommen oder unbewusst – haben einen wesentlichen Einfluss auf unsern Entscheidungsprozess. Weil wir Menschen sind, Haltungen, Weltanschauungen und Überzeugen haben, suchen wir oft bei Entscheidungen nach den passenden Argumenten. Und hätten wir keine Emotionen, so könnten wir uns nur schwer (bis gar nicht) entscheiden , wie eine eindrucksvolle Fallstudie von Antonio Damasio in seinem Buch „Descartes‘ Irrtum“ aufzeigt. (siehe Entscheidungen – Die Quelle der Intuition)

Entscheiden ist und bleibt ein menschlicher Prozess mit dem wesentlichen Element des „Nichtwissens“ der Zukunft und wird – hoffentlich – beim Menschen bleiben.

Geht es um berechenbare Auswahlverfahren und Algorithmen (z.B. Ausschussware in der Produktion erkennen) oder um „entscheidungsfreie“ Unterstützung (Umwandlung von Sprache ==> Text), so erfreue ich mich der Anwendung.

Allerdings, überall dort, wo künstliche Intelligenz Vorschläge aufbereitet oder eigenständig Entscheidungen trifft (die sich potentiell auf Menschen auswirken oder gar schadhaft wirken), plädiere ich dafür, das Feld nicht nur den Technikern und Data Scientists zu überlassen, sondern auch aus sozialer, psychologischer und humanistischer Sicht Expertise einzubringen und zu kombinieren. Zu sehr ist die Gefahr, dass das menschliche Entscheiden unterschätzt wird. Es ist eben nicht immer ein streng rationaler Vorgang, der sich in Nullen und Einsen, in Datenbanken fassen lassen.

Denn beim Entscheiden – vor allem in komplexen und unsicheren Situationen – geht es nicht nur um Daten (aus der Vergangenheit), sondern auch darum, was unser G‘spür, das Bauchgefühl und unsere Intuition sagt.

Und genau das bleibt uns Menschen vorbehalten.

 

Schauen wir uns doch gemeinsam an, wie wir das Thema Entscheiden (mit und ohne künstlicher Intelligenz) für Ihre Mitarbeiter, Führungskräfte und Organisation entwickeln können.


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